Arzneimittellehre – Allgemeine Grundlagen

Dieser Artikel „Arzneimittellehre – Allgemeine Grundlagen“ ist in Form eines Skriptes aufgebaut, in dem Dinge kurz und knapp beantwortet werden. Dieser Artikel ist ebenfalls hilfreich für Auszubildene in der Alten-, Kranken- und/oder Gesundheitspflege.


1.) Definitionen

  • Pharmakologie (Arzneimittellehre): Allgemeine Lehre über Arzneimittel
  • Pharmazie: Entwicklung, Herstellung, Prüfung, Lagerung, Weitergabe und Informationen von und über Arzneimittel
  • Pharmakokinetik: Der Weg der Arzneimittel durch den Organismus. Verteilung, Veränderung und Ausscheidung nach Aufnahme in den Organismus. Resorption im Gastrointestinal Traktes.
  • Toxikologie: Lehre von den Giften. Dosierung, Neben- und Wechselwirkungen von Stoffen und Arzneimitteln

2.) Pharmakotherapie (Arzneimittelbehandlung)

  • Prophylaktisch: Krankheiten vorbeugen
    • z.B. Impfungen / Heparin Gabe im KH
  • Diagnostisch: Krankheiten erkennen
    • z.B. Röntgenkontrastmittel zum Erkennen eines Defektes
  • Therapeutische Substitution: Ergänzung fehlender Stoffe
    • z.B. Insulintherapie bei Diabetes mellitus, Hormontherapie
  • Therapeutisch Kausal: Krankheitsursache behandeln
    • z.B. Ursachenbehandlung mit Antibiotika bei Infektionen
  • Therapeutisch Symptomatisch: Krankheitserscheinungen behandeln
    • z.B. Schnupfen -> Behandlung der Symptome durch Nasenspray
  • Therapeutisch Palliativ: Das lindern von Leiden
    • z.B. lindern durch Schmerzmittel

3.) Fertigarzneimittel oder Arzneimittelspezialitäten

  • Werden im „Voraus, industriell“ hergestellt
  • Abgabe an den Verbrauchen in „Handelspackungen“
  • Der Name ist rechtlich geschützt (®) oder trägt „Generika Bezeichnung“
  • Inhalt besteht immer aus „gleichbleibender Zusammensetzung“

4.) Generika

Generika sind Fertigarzneimittel, die nach Ablauf der Patentrechte des Originalarzneimittels in den Handel kommen. Die Bezeichnung erfolgt durch:

  • Wirkstoffnamen und
  • Neuem Warenzeichennamen

5.) Beschriftung der Fertigarzneimittel

  • Arzneimittelspezialitäten (z.B. Aspirin ®) oder Generische Bezeichnung (ASS Ratiopharm ®)
  • Wirkstoffe / Inhaltsstoffe mit Dosisangabe pro Einheit (z.B. ASS 500mg)
  • Zubereitungsart (z.B. Ampullen, Tabletten oder Tropfen)
  • Inhaltsmenge (z.B. 20 Tabletten)
  • Hersteller
  • Chargenbezeichnung (Charge mit Nummer)
    • Unter „standardisierten Bedingungen hergestellte Produktionsmenge“, wird durch eine Chargennummer gekennzeichnet.
    • Wichtig!: Notierung der Chargennummer in der Dokumentation bei Blutprodukten (z.B. Charge auf Bluttransfusionsbeuteln)

6.) Dosierung von Arzneimitteln

Benötigte, physikalische Kenngrößen zur Dosierung von Arzneimitteln:

  • Gewicht: („g“ oder „mg“ je „Kg“ Körpergewicht)
  • Körperoberfläche: („g“ oder „mg“ je „m2“ Körperoberfläche)

7.) Applikationszeitpunkte von Arzneimitteln

  • Abhängigkeit von Tageszeit: z.B. morgens, mittags, abends u/o nachts
  • Anhängigkeit von Nahrungsaufnahme:
    • Nüchtern: mind. 30-60 min. vor Mahlzeit oder 120min. nach der Mahlzeit
    • Vor dem Essen: 15-30 min. vor der Mahlzeit (z.B. bei Insulin)
    • Zum Essen: während / unmittelbar nach Mahlzeit
    • Nach dem Essen: 30-60 min. nach der Mahlzeit

7.1) Einnahmezeitpunkt „nüchtern“

  • Vorteil: Rasche Absorption (Aufnahme) – Bessere Bioverfügbarkeit
  • Nachteil: Häufiger Magenunverträglichkeiten, daher Einnahme mit viel Flüssigkeit (mind. 1 Glas – 150-200 ml. Wasser)
  • Beispiele:
    • Schilddrüsenhormone: (z.B. „L-Thyroxin“), werden mindestens 30 min. vor dem Frühstück als gesamte Tagesdosis eingenommen
    • Arzneimittel gegen Osteoporose: (z.B. Bisphosphonate), werden mind. 30 min. vor dem Frühstück (in aufrechter Körperhaltung mit einem Glas Wasser) eingenommen. Des Weiteren soll Patient sich Patient 30 min. nach der Einnahme nicht hinlegen.
    • Analgetika (Schmerzmittel): Nüchterne Einnahme, da wesentlich schnellere Wirkung.
    • Diuretika (gegen Wassereinlagerung im Gewebe): z.B. Furosemid

7.2) Einnahmezeitpunkt „vor dem Essen“

Diese Arzneimittel werden zur Nahrungsaufnahme, Nahrungsverwertung, oder Nahrungsverträglichkeit benötigt, z.B.:

  • MCP – Metoclopramid
  • Orale Antidiabetika
  • Magensäureblocker (z.B. Pantoprazol oder Omeprazol)

7.3) Einnahmezeitpunkt „zum Essen / kurz nach dem Essen“

  • Vorteil: magenverträglicher und geringere Nebenwirkungen
  • Nachteil: verzögerte Resorption und geringere Bioverfügbarkeit

8.) Packungsgrößenverordnung

  • Bezeichnung „N1“: kleinste Packungsgröße
  • Bezeichnung „N2“: mittlere Packungsgröße
  • Bezeichnung „N3“: größte Packungsgröße

9.) Umgang mit Arzneimitteln

  1. Beschaffung von Arzneimitteln (aus der Apotheke)
  2. Lagerung von Arzneimitteln

9.1) Beschaffung von Arzneimitteln (aus der Apotheke)

  • Besorgung in der Apotheke im Barverkauf (evtl. mit grünem Rezept)
    • Medikamente sind „nicht verschreibungspflichtig“.
    • Fallen nicht zu Lasten der Krankenkassen, da alles selbst zu bezahlen ist.
  • Besorgung in der Apotheke (rosa-farbendes Rezept)
    • Medikamente sind „verschreibungspflichtig“.
    • Kann nur mit Rezept (schriftlicher Anforderung mit Unterschrift und Stempel des Arztes) aus der Apotheke besorgt werden.
    • Mögliche Zuzahlung von ca. 5-10€ (Ausnahme von Personen unter 12 Jahren, diese sind Zuzahlungsbefreit, oder bei alten mit einem „Zuzahlungs-Befreiungsschein“)
  • Besorgung aus der Apotheke – Besonderheit BTM Rezept (3-teilig und gelbrosa-farben)
    • Ausgabe von BTM nur bei vorliegender BTM-Verordnung. Bei dem 3-teiligem Rezept gehen 2 Teile in die Apotheke und 1 Teil bleibt beim Arzt.

9.2) Lagerung von Arzneimitteln

Bei der Lagerung von Arzneimitteln ist auf folgendes zu achten:

  • Temperatur:
    • Raumtemperatur -> 15 bis max. 25°C
    • Kühlschranktemperatur -> 2-8°C (Relay im Kühlschrank von ca. 2°C)
  • Lichtempfindlichkeit: Die Verpackung schütz bereits, sowie die Blister selbst
  • Verfallsdatum: Stets auf das Verfallsdatum beachten.
  • Physikalische Veränderung der Medikamente:
    • beim herausbrechen einer Tablette aus dem Blister. Zerbricht diese (geht diese generell kaputt)
    • Ist Medikament eingetrübt, Farbliche Veränderung
    • Eventuell Geruch
  • Ordnungsgemäße Kennzeichnung und Lagerung
    (z.B. in einem Pflegeheim -> Bewohner/Klienten Bezogen)
    • Ist Beschriftung vollständig und leserlich
    • Wird Medikament Ordnungsgemäß (z.B. Temperaturbedingt) gelagert und eingeschlossen (BTM)
    • Hygienischer Umgang mit Medikamenten (aseptisches „keimfreies“ arbeiten)

10.) Applikationsarten

  • Kutan: Auf die Haut
    • z.B. Salben, Cremes und Emulsionen
  • Perkutan: durch die Haut
    • TTS-Pflaster (Transdermale-therapeutische Systempflaster, z.B. Fentanyl-Schmerzpflaster)
  • Bukkal: In die Backentasche
  • Lingual: Auf die Zunge (z.B. Lutschtabletten, Mundblättchen)
  • Sublingual: Unter die Zunge
  • Enteral oral: Über die Magen und Darmschleimhaut
    • Tabletten, Dragees, Kapseln und Lösungen (z.B. Säfte und Suspensionen)

Parenterale Applikationsarten, also unter Umgehung des Magen-Darm-Traktes, sind meist Injektionen (kleine Menge einer Flüssigkeit) oder Infusionen (größere Menge einer Flüssigkeit) in den Körper:

  • Intravenös (i.v.): In die Vene
  • Intramuskulär (i.m.): In den Muskel
  • Intrakutan (i.c.): In die Haut
  • Subkutan (s.c.): Unter die Haut
  • Intraartikulär (i.art.): In das Gelenk

11.) Film oder Dragee-Überzüge bei Medikamenten

  • Schutz vor Magensäure: bei magensaftresistenten Tabletten
  • Zur Retardierung: Verlangsamung der Arzneistoffgabe
  • Zum Schutz vor:
    • Unangenehmen Geruch oder Geschmack
    • Feuchtigkeit, Luft und Sauerstoff
  • Zur Verbesserung der Schlugbarkeit (für Kinder und ältere Patienten)
  • Zur Erleichterung der Identifizierbarkeit durch Einfärbung
    • Verschiedene Farben vermindern die Verwechslungsgefahr

12.) Teilen, Mörsern und Sondengabe von festen Arzneizubereitungen

13.) Arzneiformen

  • Lingual-, -Sublingual und -Bukkaltabletten
    • Gefriergetrocknete, leicht zerbrechliche Plättchen
    • Nicht kauen, schlucken oder lutschen. Zerfallen rasch und werden über Mundschleimhaut aufgenommen
    • Bis zur Gabe im Blister lassen, da u.a. Feuchtigkeitsempfindlich
  • Brausetabletten
    • Vorteile:
      • Erhöhte Trinkmenge des Patienten
      • Rascher Wirkungseintritt
      • Geeignet bei Schluckproblemen
    • Nachteile:
      • Gelöste Wirkstoffe oft instabil
      • Feuchtigkeitsempfindlich
  • Hartgelatinekapseln
    • Sind Steckkapseln und bestehen aus 2 Gelatinehüllen
    • Gefüllt mit:
      • Pulver, Granulat, Pellets (kl. Kügelchen)
    • Nicht teilbar und als Ganzes nicht zermörserbar
  • Weichgelatinekapseln
    • Inhalt:
      • Flüssig, Ölig oder pastös (Paste)
      • Nicht teil- und mörserbar
      • Sonderfall -> Zerbeißkapseln
  • Tropfen
    • Dosiergenauigkeit über Zentral- oder Randtropfer
    • Immer mit ca. 10ml Wasser geben
  • Säfte
    • Liegen als Lösungen, Sirupe oder Suspensionen vor
    • Sirupe meist stark Zuckerhaltig (Bei Diabetikern aufgepasst)
    • Geeignet bei Schluckproblemen
    • Bei Suspension, vor Gebrauch gut schütteln
  • Trockensäfte
    • Bestehen aus Wirkstoffpulvern oder Granulaten
    • Werden kurz vor dem Gebrauch mit Wasser zubereitet
    • Lagerung im Kühlschrank und auf Aufbrauchfrist achten
  • Dosieraerosole
    • Inhalierbare Wirkstoffe in Treib- oder Druckgas verteilt
    • Vor Gebrauch immer schütteln
    • Koordination zwischen Einatmung und Sprühstoß
      • Inhalationshilfe: Spacer (Ballon), der Gemisch als Gas kurzzeitig auffängt
    • Bei Kortison haltigen Wirkstoffen den Mund aus spülen -> Soor Gefahr!
  • Pulverinhalatoren
    • Inhalierbare Wirkstoffe ohne Treib- oder Druckgas, da Atemzuggesteuert
    • Wirkstoffaufnahme durch tiefes und kräftiges Einatmen
    • Trocken lagern und nicht reinpusten
  • Wirkstoffpflaster (TTS)
    • Wirkstoffaufnahme über die Haut ins Blut
    • Konstanter Wirkspiegel für Langzeitherapie (Depoteffekt)
    • Dosisanpassung durch Pflastergröße
    • Nach AVO, mehrere Wirkstoffpflaster kombinierbar
    • Beispiele:
      • Schmerzpflaster (Fentanyl)
      • Hormonpflaster
      • Nikotinpflaster
    • Zu beachten (Anwendung):
      • Nicht auf gereizte, fettige oder behaarte Hautstellen
      • Applikationsstelle bei Pflasteraustausch wechseln
      • Bei 1. Anwendung: Bew. Zusätzliche, orale Analgetikagabe, da Wirkstoff erst nach ca. 24 voll einsetzt
  • Insulin
    • Subkutane Injektion (Unter die Haut)
    • Lagerung:
      • Ungeöffnet = Kühl (5°C bis 15°C)
      • Geöffnet = Bei Zimmertemperatur
      • Nicht einfrieren
    • Vor Gebrauch in Hand rollen (Vermeidung von Luftbläschen sowie dem suspensieren des Inhaltes) – NICHT SCHÜTTELN!
    • Applikationsstelle jedes Mal wechseln (Schachbrettmuster)

 

 

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